Donnerstag, 22. Juli 2004: Essens Straßen werden unsicherer. Viele Polizeibeamte und sogar der Polizeipräsident kehren der Stadt den Rücken und begeben sich in aller Frühe zu verschiedenen vorher vereinbarten Treffpunkten, um dort in insgesamt 8 Bussen eine Reise Richtung Norden anzutreten. 335 Personen verteilen sich auf die Reisekutschen, 3 weitere Reiseteilnehmer werden später hinzukommen. Mit einer solchen Personenzahl füllt man ein ganzes Kreuzfahrtschiff, doch davon später mehr.

In flotter Fahrt legte man den ersten Wegabschnitt trotz Ferienbeginns in NRW fast ohne Behinderung zurück. Erste Pause an der Autobahn-Raststätte Tecklenburger Land. Dort konnte man zum ersten Mal die gesamte Reisegruppe in Augenschein nehmen. Natürlich waren die 338 Reisenden nicht alle Sänger des Polizeichores Essen mit „Anhang“, sondern mit von der Partie waren viele Freunde und Bekannte, ein erweiterter Kreis von Menschen, die dem Chor oder einem seiner Mitglieder verbunden sind.

Nach einem ersten gegenseitigen In-Augenschein-Nehmen ging die Reise weiter. In einem kleinen Ort nahe Bremen gibt es ein Haus, das behauptet, in der Lage zu sein, eine solch große Reisegesellschaft in angemessener Zeit zu beköstigen. Und das schafften die Bediensteten in „Röhrs Gasthof Berg-Wilhelm“ in Sottrum locker. Nicht nur war genügend Platz vorhanden, auch ging das Servieren von 3 Gängen erstaunlich flott vonstatten. Und so konnte die Fahrt pünktlich wie geplant fortgesetzt werden, und das Ziel, Ostseekai in Kiel, wurde sogar noch früher als geplant erreicht.

Dort wartete schon das Kreuzfahrtschiff MS Paloma auf seine neuen Gäste. Dank durchdachter Organisation ging die Einschiffung problemlos vonstatten, es gab fast gar keine Geduld erfordernde Warterei. Das Gepäck wurde vom Schiffspersonal zu den Kabinen gebracht, man konnte sich entspannen. Nicht sehr lange allerdings, denn die verpflichtend vorgeschriebene Seenotrettungsübung ließ nicht lange auf sich warten. Aber auch das ging vorüber, und zum ersten Mal zeigte sich das Bordrestaurant mit seinen Bediensteten von seiner angenehmen Seite. Diesmal wie auch an allen folgenden Tagen blieb wohl kein Wunsch hinsichtlich anspruchsvoller Beköstigung unerfüllt. Speisen à la carte standen zur Wahl, und diese fiel des Öfteren schwer, bei den vielen köstlichen Angeboten. Anschließend luden die beiden Salons ein zu abendlicher Unterhaltung und Tanz. Ein „anstrengender“ Tag fand schließlich in den ordentlichen Kabinen sein Ende.

Die erste Etappe der Kreuzfahrt umfasste 510 Seemeilen (945 km). Dadurch konnte am Freitag, 23. Juli, noch nicht das erste Reiseziel erreicht werden. Stattdessen  versprach das Bord-Reiseprogramm einen Tag unter dem Motto „Erholung auf See“. Leider erwies sich ein verhangener Himmel der Totalerholung als hinderlich. Gern hätte man von den Liegestühlen Gebrauch gemacht. Aber das konnte dann später im Verlauf der Reise ausgiebig nachgeholt werden. Gleichwohl, die bordeigenen Unterhaltungsangebote bewahrten vor Langeweile. Diverse Sportmöglichkeiten standen zur Wahl, Spiele aller Art konnten ausgeliehen werden. Viele von diesem Spiel Begeisterte begaben sich zum „Bingo“ in den Salon Bremen. Man konnte das Bordkino besuchen, Bücher ausleihen, dem Bordorchester zuhören und vieles mehr. Zu den beliebtesten Programmpunkten während der Reise zählten die Dia-Vorträge des Lektors Hans Werner Merkle, der mit der Einstimmung auf den ersten Landausflug seine Vortragsreihe begann. Sein profundes geschichtliches Wissen, gepaart mit einer gesunden und vorurteilsfreien Einstellung historischen Vorgängen gegenüber im Zusammenhang mit Deutschlands Nachbarstaaten, war bemerkenswert. Zu Recht erntete er große Anerkennung. Später bat Kapitän Sergey Zhygalin zum Begrüßungscocktail und anschließendem Captain´s Dinner. Er begrüßte jeden einzelnen seiner festlich gekleideten Gäste per Handschlag. Dann stellten sich im Musiksalon die Künstler vor: Joscha & Uwe, stimmkräftige Entertainer, Kati & Milan, die in den folgenden Tagen im Club Bremen für Unterhaltungs- und Tanzmusik sorgten, die Tanzgruppe „Odessa Dancers“ und das Bordorchester „Paloma Band“. Für viele wurde es ein langer Abend und eine kurze Nacht

Da die Paloma schon um 8.00 Uhr an der Pier im Hafen von Stockholm festmachte, war die kurze Nacht früh beendet, denn das Frühstück war schon um 7.00 Uhr angerichtet. Es gab aber viele Noch-früher-Aufsteher. Diese waren dem Rat des Lektors Hans Werner Merkle gefolgt, der in seinem Vortrag die Fahrt durch den der Stadt vorgelagerten Schärengarten als mindestens ebenbürtig mit den Sehenswürdigkeiten der Stadt angepriesen hatte. Gegen 4.00 Uhr in der Frühe erreichte das Schiff diesen Bereich, und die ersten unentwegten Naturenthusiasten waren bald an Deck. Mitreisende, die Stockholm schon besucht und bei dieser Gelegenheit einen Bootsausflug durch die Insellandschaft unternommen hatten, erklärten, dies sei nicht vergleichbar mit dem aktuellen Erlebnis, da die Perspektive hoch oben vom großen Schiff erst den rechten Überblick vermittle. Ein heiterer Himmel sorgte zudem für Naturgenuss pur.

Der Landausflug ins „Venedig des Nordens“ führte zunächst per Bus an die verschiedensten besonders fotogenen Aussichts-punkte der Stadt und endete mit einer Freizeit in der gemütlichen Altstadt, der „Gamla Stan“.

Zuvor jedoch fand in der Gertrudis-Kirche, dem Zentrum der deutschen Gemeinde in Schwedens Hauptstadt, eine Andacht statt. Der aus Essen stammende Pastor Wolfgang Wallrich hat offenbar das Herz auf dem rechten Fleck. Geschickt und humorvoll fand er Worte zum Thema Gnade und erläuterte an aus dem Leben gegriffenen Beispielen die gelegentliche Divergenz zwischen der Berufsauffassung mancher Polizeibeamter und ihren sängerischen Aktivitäten. Er verbreitete große Heiterkeit und ließ dabei seine seelsorgerischen Absichten keineswegs außer Acht. Er genoss wie alle in der Kirche die Darbietungen auf der Orgel, einem restaurierten Instrument aus dem 17. Jahrhundert, sowie die Beiträge des Polizeichores.

Landausflüge sind bei Kreuzfahrten in der Regel nicht allzu lang. Häufig vermitteln solche Besuche lediglich ein Schnuppererlebnis und wecken den Wunsch, später einmal wiederzukommen. Zum Mittagessen waren alle wieder an Bord, und bereits um 14.00 Uhr erfolgte die 4-stündige Rückfahrt durch die Schären, bevor die offene Ostsee wieder erreicht wurde mit Kurs auf das nächste Ziel in 217 Seemeilen Entfernung: Estlands Hauptstadt Tallinn.
Der Tag hielt jedoch für die Sänger einen weiteren Höhepunkt bereit: Mitgestaltung des Bord-Abendprogramms. Zweimal trat der Chor auf, jeweils in einem der beiden Schiffssalons. Er erntete viel Beifall, von dem Alfred Brede durch seine wie immer heitere und publikumswirksame Moderation einen großen Anteil beanspruchen durfte.
Es folgte wiederum eine kurze Nacht, denn die Reise nach Osten verlangte das Vorstellen der Uhren um eine Stunde.
      

Wiederum frühe Ankunft im nächsten Hafen, dadurch eine noch kürzere Nacht. Tallinn empfing uns mit heiterem Himmel und besichtigungs-freundlichen Tempe-raturen. Estlands Hauptstadt ist zauberhaft, ein Kleinod. Interessant und nachvollziehbar die Erklärungen der Reiseführerin: Nach den schmerzvollen Erfahrungen - als kleines Land der Spielball der umgebenden Großmächte im Lauf der Geschichte - ist man froh, das Joch der Vergangenheit abgelegt zu haben. Man schätzt die deutschen Wurzeln des Landes, ist gern in der EU, vertraut auf die dadurch vergrößerte Sicherheit. Keineswegs aber ist man bereit, die eigene Identität preiszugeben.

Denn deren Erhalt wurde erkämpft, und zwar mit ungewöhnlichen Mitteln. Es war die Musik, die die Esten einigte und in ihrem Zusammengehörigkeitsgefühl bestärkte. Sie haben aber auch Bemerkenswertes vorzuweisen: ein Sängerfeld mit Platz für 30.000 Zuhörer und einer überdachten Tribüne, die 3.000 Sängern Platz bietet. Seit 1896 veranstaltet man dort Sängerfeste. Und in der jüngsten Vergangenheit kam auch das politische Lied dort zu Gehör, ein Mittel, gegen das die Besatzer offenbar kein Gegenrezept fanden.
Nach der Bustour ging es zu Fuß durch die alte Hansestadt. Von der Oberstadt konnte man die herrliche Aussicht auf die Unterstadt genießen und später dort unten bummeln.

In den frühen Morgenstunden am Montag, 26. Juli, erreichte die Paloma St. Petersburg, den entferntesten Ort der Reise. Wiederum hatte es einen Zeitverlust von einer Stunde gegeben. Aber nicht schlimm. Für die ehemalige Hauptstadt des Zarenreiches waren 2 Besichtigungstage vorgesehen. Dennoch, es ging wieder früh los.

Erstes Ziel für die meisten Reisenden: Puschkin, 25 km vom Zentrum entfernt. Dort steht der Katharinenpalast, von Zar Peter dem Großen errichtet und von seiner Tochter Elisabeth zum prunkvollen Kunstobjekt vollendet. Eine 300 m lange barocke Fassade sucht ihresgleichen in der Welt, und innen lockt vor allem das wieder erstellte legendäre Bernsteinzimmer. Zum Glück fand die Besichtigung an einem Montag statt. Montags sind die Museen geschlossen, nur große Gruppen wie Teilnehmer an Kreuzfahrten haben Zugang. Dadurch war der Andrang nicht so dramatisch wie üblich, man wurde nicht von nachfolgenden Gruppen umbarmherzig weiter geschoben, es blieb ein wenig Zeit zum Betrachten.

Für diejenigen, die die Fahrt nach Puschkin mit daran anschließender Stadtrundfahrt gebucht hatten, entfiel das Mittagessen an Bord. Stattdessen hatte jeder nach dem Frühstück ein Lunchpaket erhalten. Dieses konnte nun während der Stadtrundfahrt verzehrt werden, für ein Picknick reichte die Zeit nicht. Nachdem die wichtigsten Highlights der Stadt angesteuert worden waren, wunderte man sich, vor der Smolnij-Kathedrale auf einmal alle anderen Busse vorzufinden, die auf den verschiedensten Routen durch die Stadt unterwegs gewesen waren. Gemeinsam füllte man das Gebäude bis auf den letzten Platz und wartete gespannt, was nun folgen würde. Das war, als Überraschung vorgesehen, ein grandioses musikalisches Erlebnis. Der Chor „Smolnij Sobor“ betrat die Bühnenrampe in dem noch nicht wieder für sakrale Zwecke eingerichteten Gotteshaus und trug mit Leichtigkeit und allerhöchster Präzision zunächst 3 sakrale Chorwerke vor. Eine gewaltige Dynamik prägte den Vortrag, zeitweilig klang es wie Sphärenmusik. Manch einer unter den  ergriffenen Zuhörern gestand ein, so etwas noch nicht gehört zu haben. Und so wurde aus dem in der Planung vorgesehenen Vortrag von 3 Werken schließlich ein Konzert mit  7 Zugaben und Standing Ovations am Schluss. Nach diesem künstlerischen Höhepunkt folgten am Abend noch weitere kulturelle Angebote.

Für Freunde dieser Sparten stand der Besuch einer Ballettaufführung – „Giselle“ von A. Adam – oder alternativ eines Folklore-Konzerts auf dem Programm. Die unbestreitbare Qualität dieser Darbietungen konnte jedoch nicht verhindern, dass, wie bekannt wurde, einzelne Besucher ihren Tribut zu zahlen hatten, dergestalt, dass sie vom Schlaf übermannt wurden. Das lag aber mit Sicherheit nicht an der minderen Attraktivität des Programms, sondern wohl eher daran, dass anstrengende Tagesprogramme und oft nur kurze Nächte manchmal die Grenzen der körperlichen Belastbarkeit deutlich machen.

Der zweite Tag in Russlands ehemaliger Metropole versprach so angenehmes Reise- und Besichtigungswetter wie der Vortag. Auf dem Vormittagsprogramm stand für alle der Besuch der Schlossanlage Peterhof. Dafür war wieder eine Busfahrt von 30 km notwendig, und mancher Fahrgast in den Reisebussen lernte ein wenig das Gruseln angesichts der Fahrweise einiger Busfahrer und der anderen Verkehrsteilnehmer auf den Straßen. Das „Versailles Russlands“ wird in seiner Schönheit nur von seinem Vorbild bei Paris übertroffen. Mit ihm zusammen ist es die großartigste Schloss- und Parkanlage der Welt. Das Interieur übertrifft das des Katharinenpalastes deutlich, besonders dank seiner reichhaltigen Ausstattung. Komplett eingerichtete Zimmer, mit feinstem Porzellan gedeckte Speisetafeln, eine Menge an Gemälden, Kleinutensilien, und, und, und. Das Auge mochte sich nicht satt sehen. Übertroffen wird diese Pracht noch von der Außenanlage, die vom Wasser bestimmt ist. Fontänen und Kaskaden aller Orten glitzerten in der uns abermals beschiedenen Sonne. Von der Großen Kaskade vor dem Schloss, einem beeindruckenden Wasserkunstwerk, führt ein Kanal durch den Park direkt zum offenen Wasser, dem Finnischen Meerbusen. Auf diesem Wege konnte Zar Peter sein Schloss direkt per Boot erreichen. Wäre doch mehr Zeit geblieben! Allein in den Gartenanlagen möchte man einen ganzen Tag zubringen.

Am Nachmittag stand wahlweise ein Besuch der Eremitage oder eine Fahrt zum Newskij-Prospekt auf dem Programm. Diejenigen, die sich den Besuch der Eremitage nicht entgehen lassen wollten, klagten später über den enormen Besucherandrang dort und die große Hitze in den Räumen. Beides war der genüsslichen Betrachtung des einen oder anderen weltberühmten Gemäldes sehr hinderlich. Besser erging es denjenigen, die sich für den Besuch der Hauptgeschäftsstraße St. Petersburgs, dem  Newskij-Prospekt, entschieden hatten. Sie konnten, wenn sie wollten, sich von der Gruppe lösen und auf eigene Faust neu erwachtes russisches Geschäftsleben erkunden.

Für 23.00 Uhr war das Ablegen der Paloma angesagt. Viele Passagiere erlebten trotz der vorgerückten Stunde die interessante Ausfahrt aus dem Hafen. Der Chronist hatte dabei noch ein besonderes Erlebnis, das ihm zu Herzen ging. Vorn, am Bug des Schiffes, der dem Hafengebäude zugewandt war, stand eine Frau, augenscheinlich zur Bordbesatzung gehörend, wie unschwer durch ihre Kleidung erkennbar, wahrscheinlich eine Kabinenstewardess. Sie blickte angestrengt zur Balustrade des Abfertigungsgebäudes hinüber. Dort stand ein kleiner Junge an der Hand einer etwas älteren Dame. Offenbar handelte es sich bei den beiden um Großmutter und Enkel. Die Mutter winkte immer wieder zu den beiden hinüber und konnte ihre Tränen nicht unterdrücken. Verständlich, denn es wird wohl Monate dauern, bis sie ihr Kind wieder sieht. Das zumeist ukrainische Bordpersonal schließt in der Regel Siebenmonats-Verträge mit der Schiffsgesellschaft ab und ist in dieser Zeit überall in der Welt unterwegs, nur nicht zu Hause bei der Familie. Wie durch Informationen durch örtliche Reiseleiter zu erfahren war, sind viele dieser Familien nicht mehr intakt. Oft gibt es keinen Vater, die durchschnittliche Lebenserwartung der Männer in Russland und den ehemaligen Staaten der Sowjetunion liegt bei 56 Jahren. Schuld ist der Wodka. Und wenn der Mann noch lebt, ist er oftmals am Unterhalt der Familie nicht interessiert oder aus dem genannten Grund dazu nicht in der Lage. Für viele dieser fleißigen Helferinnen an Bord ist ihr geringer Verdienst der Grundstock für die Sicherung des Existenzminimums. Und auch sie können als privilegiert gelten. Ihre Eignung für diesen Job hängt von einem gewissen Maß der Beherrschung der deutschen Sprache ab. Viele ihrer Landsleute kämen für diese Arbeit gar nicht erst in Frage.    

473 Seemeilen trennten die Paloma von ihrem nächsten Ziel. Das war in einer Nacht nicht zu schaffen, und so war der Mittwoch, 28. Juli, abermals ein Seetag. Erholung auf See war angesagt und wohl auch aufgrund der geschilderten Ermüdungserscheinungen einiger Mitreisender sehr vonnöten. Leider wollte die Sonne an diesem Tag nicht so recht mitspielen, und so blieb uns der erhoffte Aufenthalt an Deck in den Liegestühlen versagt. Gleichwohl, das reichhaltige Bord-Unterhaltungsprogramm sorgte für Abwechslung und gute Laune. Die Küche hatte sich zudem einfallen lassen, anstelle des Mittagessens im Salon einen Brunch am Swimmingpool anzubieten. Eine gern angenommene Abwechslung. Am Abend präsentierten Joscha & Uwe im Musiksalon „russische Folklore“, will heißen, sehr bekannte und gern gehörte Lieder aus oder über Russland. Mancher Polizeichorsänger hätte mitsingen können, denn viele Beiträge deckten sich mit denen eines Frühlingskonzertes der Essener Polizei unter dem Motto „Russische Impressionen“.

Am nächsten Morgen, Donnerstag, 29. Juli, war dann das nächste Ziel erreicht: Lettlands Hauptstadt Riga. Ein wieder heiterer Himmel und angenehme Temperaturen weckten die Lust auf den Besuch der nahen Altstadt, die vom Schiff aus mühelos zu Fuß erreichbar ist. Die von deutschen Kaufleuten gegründete Stadt an der Düna besticht durch eine Altstadt, die komplett unter Denkmalschutz steht. Baustile aus vielen Epochen bestimmen das Bild. Besonders aber beeindruckt den Besucher die Vielzahl der Gebäude im Jugendstil. Es gibt ganze Stadtviertel davon, und es war unmöglich, in der zur Verfügung stehenden Zeit alles zu sehen.

Auch in Lettland spielt bei der Loslösung von Fremdherrschaft wie in Estland die Musik, das Lied, eine große Rolle, wie aus dem Munde der Stadtführung zu erfahren war.

Reiseteilnehmer, die die Stadt schon zuvor besucht hatten, staunten über die großen Fortschritte bei der Restauration. Allein in den letzten 3 Jahren hat sich die Stadt beträchtlich gemausert. Freundlich, sauber, einladend, so könnte man das Bild, das sich heute bietet, beschreiben. Auch Riga verlockt zum Wiederkommen.

Für die Fahrt von Riga nach Gdingen benötigte die Paloma wieder etwas mehr Zeit, so dass am Freitag, 30. Juli, erst um 13.00 Uhr festgemacht wurde. Da bis dahin das frühe Mittagessen bereits beendet war, begann kurz danach schon die Besichtigungstour. Auf der Straße nach Danzig gab es einen Stopp vor der sehenswerten Kathedrale des Vorortes Oliwa. Das historische, üppig ausgestattete Gotteshaus gibt Einblick in allen Prunk vergangener Jahrhunderte. Unter anderem verfügt die Kirche über eine berühmte Orgel, die mit einem Glockenspiel und anderen akustischen Kostbarkeiten aufwarten kann, wie vielfach in Polen zu erleben. Im Anschluss an die etwas zu lange Orgelvorführung brachte der Polizeichor noch einmal abgekürzt ein geistliches Programm zu Gehör, wobei ihn die hervorragende Akustik des Hauses unterstützte.

Der Höhepunkt des Nachmittags war dann der Gang durch die schon zu Zeiten des Kommunismus aufwändig und mit sehr viel Sachverstand restaurierte Altstadt, die im Krieg fast vollständig zerstört worden war. Vorbei an der Marienkirche, der größten Backstein-kathedrale der Welt, ging es auf ein von vielen ersehntes Ziel zu, der Frauengasse. Einerseits ist das Bummeln durch diese kurze Straße wegen der bezaubernden Architektur ihrer Häuser mit deren prächtigen Treppenaufgängen schon für sich allein ein Genuss. Andererseits aber locken an allen Ecken Schmuck- und Textilläden. Insbesondere können hochwertige Bernsteinprodukte bewundert werden, bewundert wohl eher als gekauft, denn die Preise sind auf ein zahlungskräftiges Publikum ausgerichtet, zahlungskräftiger jedenfalls als der Durchschnitt der Paloma-Passagiere.  

Zurück an Bord bot das Unterhaltungsprogramm dort am Abend einen Höhepunkt. Eine „Crew Show“, Darbietungen der Besatzungsmitglieder also, war höchst vergnüglich. Besonders die als Balletttänzer auftretenden Herren ernteten Heiterkeits- und Beifallsstürme.

Hatte schon einmal während der zurückliegenden Tage ein etwas rauer Seegang einzelne Passagiere in ihrem Wohl-befinden beeinträchtigt, zum Glück, ohne dass die typischen Symptome von Seekrankheit aufgetreten wären, so zeigte sich die Ostsee am Samstag, 31. Juli, von ihrer angenehmsten Seite. Windstärke 1 sorgte für einen Seegang fast wie in der Bade-wanne. Der ausflugfreie Vor-mittag wurde von den meisten  in der Sonne in den Liege-stühlen verbracht.

Um 14.00 Uhr erreichte die Paloma die vorletzte Station ihrer Rundreise, Kopenhagen. Eine Rundfahrt machte mit den bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Stadt vertraut. Und es blieb nach der Busfahrt für Interessierte noch Zeit, auf eigene Faust zurück zum Schiff zu bummeln.

 

Wer Genaueres über die kleine Meerjungfrau erfahren möchte, kann das Märchen von Hans Christian Anderson hier nachlesen:

Abends luden der Kapitän und die Kreuzfahrtdirektorin Linda Brummer zum Abschiedscocktail, bei dem gegenseitig artige Worte gewechselt wurden. Linda Brummer betonte, dass sie ihre derzeitigen Gäste nur ungern ziehen lasse. Nicht immer sei der Umgang mit Kreuzfahrtpassagieren so problemlos verlaufen wie mit dieser Gruppe. Ähnliches hatte zuvor schon Lektor Hans-Werner Merkle geäußert, der das außerordentliche Interesse der Gruppe an seinen Vorträgen hervorhob, solches habe er selten erlebt. Und ihm, so wie wir ihn kennen gelernt haben, liegen Schmeicheleien sicherlich fern. Alle haben es in irgendeiner Weise erfahren und genossen: Sie waren eine homogene Gruppe, man ging freundlich und liebenswürdig miteinander um. Es waren Menschen, die sich gleichsam auf gleicher Wellenlänge befanden. Eigentlich kein Wunder, glaubt man dem Spruch „Wo man singt, da lass dich ruhig nieder, …“. Es waren Sänger, deren Angehörige sowie Freunde, Verwandte und Bekannte, die das ganze Schiff füllten. Sicherlich eine ganz und gar andere Zusammensetzung als die sonst bei Kreuzfahrten zufällig zusammen gewürfelten Gruppen.

Das abschließende Abendprogramm begann der Polizeichor mit einer kurzen Darbietung. Chorleiter Stephan Peller bot sich zudem Gelegenheit, ähnlich wie Gotthilf Fischer einen Massenchor zu dirigieren. Das Ständchen für die Geburtstagskinder des Tages wurde nämlich unter seiner Leitung von den Menschen im voll besetzten Salon dargeboten.

Anschließend nutzte der Polizeipräsident die Gelegenheit, an dieser Stelle den beiden Haupt-Organisatoren dieser Reise, Alfred Brede und Friedhelm Schappat, für ihre immense Arbeit und minutiös geplante Organisation des Reiseablaufs im Namen aller Nutznießer den Dank auszusprechen.

Ovationsartiger Beifall  bestätigte ihm, dass er mit seinen Worten ins Schwarze getroffen hatte.                                   

U.G.

Für einige Reise-Schnappschüsse:
Sangesfreund Helmut Langen schildert, was man sonst noch auf einer Kreuzfahrt lernen kann: