Nicht ohne Wehmut verabschiedete sich der Polizeichor Essen      am 9. Dezember 2001 vom Saalbau Essen, in dem ununterbrochen seit 1955 die Frühlings- und Weihnachtskonzerte aufgeführt worden waren. Es waren bis zum Jahre 2001 insgesamt 125 Weihnachtskonzerte, von ca. 200.000 Gästen besucht.

Als bekannt wurde, dass Essens „Guter Stube“ die nach einem halben Jahrhundert Bestand notwendig gewordene Verjüngungskur endlich genehmigt worden war, begann im Vorstand des Polizeichores die emsige Suche nach einem adäquaten Ersatz-Domizil.

Zur Auswahl standen u.a. die Lichtburg, die Grugahalle, die Zeche Zollverein. Keine dieser Örtlichkeiten konnte, so die Meinung der Vorstandsmitglieder, aus den verschiedensten Gründen eine Durchführung der Weihnachtskonzerte unter Beibehaltung der vom Saalbau gewohnten Atmosphäre ermöglichen.

Guter Rat war teuer. Aber ein Blick über den Zaun – in andere sängerische Gefilde – eröffnete schließlich eine neue Perspektive. Es gibt in Essen einen sakralen Ort, der sich hervorragend für Konzertveranstaltungen in der vom Polizeichor gepflegten Eigenart eignet. Ein renommierter Essener Leistungschor, der Bach-Chor, hat dort seine musikalische Heimat: die Erlöserkirche.

Alles neu also im 48. Jahr. Aber nicht nur die Örtlichkeit gestaltete sich als ein Novum. Was all die Jahre niemals passiert war, dennoch niemals ausgeschlossen werden kann, trat ein. Wenige Wochen vor dem Konzerttermin erkrankte Chorleiter Thomas Sander. Nach dem ersten Schock ging die bange Frage an den Ehrenchorleiter des Polizeichores Essen, Heinz Hasenbein, ob er sich kräftemäßig in der Lage sehe, die Leitung der Weihnachtskonzerte noch einmal zu übernehmen und dazu auch gewillt sei. Seine spontane Zusage löste allgemeine Erleichterung aus. Ohne Verzug ging er an die Arbeit, übernahm zusätzlich zu den Proben mit dem Essener Damenchor und dem Polizeichor noch die Sonderproben mit dem Orchester, den Bergischen Symphonikern. Vier Konzerte am 7. und 8. Dezember leitete er konzentriert und souverän. Hoch klingt das Lied vom braven Mann!

Die neue Örtlichkeit hatte auch Einfluss auf die Programmgestaltung. Da eine Pause nicht möglich war, wurde auf die gewohnte Zweiteilung des Programms verzichtet, das dann diesmal nach knapp 2 Stunden beendet war:

G.F. Händel

La Réjouissance
aus Königliche Feuerwerksmusik

Orchester

C. Gounod

Deuxième Messe: Kyrie und Gloria

Männerchor, Orchester

F. Mendelssohn-Bartholdy

Fuge in C-dur

Orgel

F. Biebl

Angelus Domini

Damenchor

F. Mendelssohn-Bartholdy

Vom Himmel hoch (Choralkantate)

Sopran, Bass,
gem. Chor, Orchester

W.A. Mozart

Konzert für Flöte und Harfe
1. Satz: Allegro

Flöte, Harfe, Orchester

J.S. Bach

Großer Herr und starker König
aus dem Weihnachtsoratorium

Bass, Orchester

H. Lemmermann

Engel haben Himmelslieder

Männerchor

R. Stolz

Christrosenlied

Sopran, Männerchor, Harfe

J. Rheinberger

Maria an der Krippe
aus Der Stern von Bethlehem

Sopran, Orchester

J. Rutter

Angels´ Carol

Damenchor

H. Bungart

Lasst uns lauschen

Männerchor

M. Praetorius

Es ist ein Ros entsprungen

gem. Chor

G.F. Händel

Halleluja aus Der Messias

gem. Chor, Orchester

Bunte Abwechslung war das Merkmal dieses Programms. Ein Höhepunkte darin war das Konzert für Flöte und Harfe (W.A. Mozart), meisterlich dargeboten von Nora Baldini und Doris Lange-Haunhorst. In die Herzen der Zuhörer sang sich die Sopranistin Jutta Potthoff, besonders mit dem Lied „Maria an der Krippe“ aus Der Stern von Bethlehem (J. Rheinberger). Sie scheint wie geschaffen für dessen Interpretation. Auch der Bass-Solist Martin Backhaus fand viel Anerkennung. Er brillierte in der Choralkantate „Vom Himmel hoch“ (F. Mendelssohn-Bartholdy) wie auch in der Arie „Großer Herr und starker König“ aus dem Weihnachtsoratorium (F. Mendelssohn-Bartholdy). Der Essener Damenchor setzte ein Glanzlicht mit dem siebenstimmigen „Angelus Domini“ (F. Biebl). Der Polizeichor Essen bewies einmal mehr seine Stimmgewalt, beispielsweise in der „Deuxième Messe“ (C. Gounod), gefiel aber noch mehr mit seinen sanften weihnachtlichen Liedern beim pianissimo-Vortrag. Solche „leichtverdaulichen“ musikalischen Happen wie etwa das  „Christrosenlied“ (R. Stolz) wie auch bekannte Weihnachtslieder wie „Es ist ein Ros’ entsprungen“ machen für viele Stammbesucher den Reiz dieser Weihnachtskonzerte aus.

Die Erlöserkirche ist als Konzertort in Essen inzwischen ein Begriff. Erfreut zeigten sich viele Besucher darüber, dass, wie vielfach nicht üblich, von den Organisatoren des Chores in akribischer Arbeit eine Platznummerierung bewerkstelligt worden war. Dadurch wurden die knapp 1.000 Gäste bei jedem der 4 Konzerte einigermaßen problemlos und relativ zügig an ihre Plätze geleitet, und es entfiel für sie die Notwendigkeit, sich eine Stunde oder mehr vor Beginn des Konzerts einzufinden. Die Hauptarbeit bei dieser Aufgabe hatte Chormitglied Franz Kolata auf sich genommen, der zuvor schon seit dem Sommer die sehr zeitaufwändige und Nerven beanspruchende Arbeit des Kartenverteilens bewerkstelligt hatte, diesmal besonders schwierig, da nur 2/3 des sonst gewohnten Kartenkontingents zur Verfügung standen und manche langjährige Stammbesucher notgedrungen leer ausgehen mussten.

Dank gebührt außer den Mitwirkenden, die nach Beendigung des Konzerts vom Polizeipräsidenten geehrt wurden, auch den übrigen fleißigen Helfern unter den Chormitglieder, die manche Stunde ihrer Freizeit für den guten Zweck geopfert hatten, und nicht zuletzt Chorleiter Thomas Sander, der die musikalische Planung durchgeführt und die Einstudierung der Beiträge des Polizeichores Essen besorgt hatte. 

U.G.

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